Donnerstag, 3. März 2011

lvz kultur vom 3.3.11: Asisi lässts krachen. Hoffmann. El Said. Leandros.

Die Schauspielerin Jutta Hoffmann wird heute 70 und das Geburtstagsfachblatt lvz macht wie üblich einen großen Aufmacher daraus. In dem Fall einen lesenswerten. Eine interessante, selbstbewusste Frau und eine Gesprächspartnerin, Helga Wagner, die ihren Job ernst nimmt und einfache Fragen stellt, nicht nur abhakt. Auffällig: die vielen „ich/mich/meine“ und „wir“ in Hoffmanns Antworten. Es gibt tatsächlich nur 2 ½ Sätze im ganzen Interview, die ohne ein persönliches Fürwort in der ersten Person auskommen, von den zwei Sätzen über ihre Kinder abgesehen. Es sind die Sätze: „Man muss seinen Neigungen folgen und die Konsequenzen tragen, wie Fontane sagt.“ Ein Zitat also. Und ein weiteres Zitat: „Der Thron von England wird durch einen Bastard entweiht...“. Zitat aus Maria Stuart von Schiller , von Jutta Hoffmann („Ich liebe revolutionären Geist“) als Kind vor ihren Eltern deklamiert. Und der dritte, einzig echte: „Es gibt auch Leute, die kamen über das Desaster nicht hinweg.“ Mit Desaster waren die zensierten oder in den Schubladen verschwundenen Filme zu DDR-Zeiten gemeint.

Dass „das Leben immer Kampf bedeutet“, man „nach vorn blicken“ muss und „positiv denken“, ist vielleicht auch dem Kriegsjahrgang 1941 geschuldet. Nach Filmen, die der Zensur zum Opfer fielen, habe sie „einfach weitergearbeitet“. Und so kann sie auf die Frage nach Enttäuschungen auch nur antworten: „Welche Enttäuschungen?“ Im politischen Sinne kennt sie die allerdings doch: „Die große Enttäuschung haben wir ja seit mehr als 20 Jahren hinter uns, dass das mit dem Gesellschaftsentwurf DDR nichts wurde.“ Filme, „die sich über die DDR lustig machen“, hätte sie abgelehnt. Aber ebenso Filme, „die Stasi-Mitarbeiter rehabilitieren.“ Ein komisches Talent war Jutta Hoffmann augenscheinlich nicht eigen. Was nicht bedeuten soll, dass sie keinen Humor hätte. Immerhin glaubt sie, dass sie in ihrem nächsten Leben sicher in der Nähe von Hollywood geboren würde. „Dann habe ich es nicht so weit zu Ruhm und Glamour.“ Etwas gerechter hätte das Leben also doch zu ihr sein können. „Ein Star in der Pappschachtel“ wäre aber das letzte für sie gewesen, stattdessen möchte Jutta Hoffmann am liebsten noch in einem Film von Quentin Tarantino mitmachen. „Der sucht nach Neuem – und das gefällt mir.“

Nada Weigelt berichtet in einem Artikel über den ägyptischen Filmemacher Tamer El Said, der jetzt „auf freie und faire Arbeitsbedingungen hofft“ und auf eine „Demokratisierung der Institution Film-Syndikat.“ Keine Zensoren mehr, nicht mehr „viel Geld für eine generelle Erlaubnis“ zahlen müssen, bevor ein Film gedreht werden könne. Doch er sagt auch, die „Zensur hat die Kreativität bei uns getötet“, es sei „im Augenblick noch zu früh, wieder richtige Visionen zu entwickeln.“ Und bestätigt damit auch Rafael Seligmanns Skepsis, ob sich in den arabischen Ländern bereits in naher Zukunft demokratische Strukturen bilden würden. In Frankreich hätte es über 80 Jahre gebraucht, um wahrhaft republikanische Verhältnisse zu etablieren. In Deutschland nach der 1848er Revolution noch länger, bevor eine den Namen verdienende stabile Demokratie entstanden sei.

Mit Problemen ganz anderer Natur schlägt sich die Leipziger Kultur herum. Heute sollen, schreibt Matthias Puppe, auf der Ratsversammlung neben den Wirtschaftsplänen der kulturellen Eigenbetriebe auch über die Zuschüsse an die euro-scene debattiert werden. Die braucht 50.000 Euro mehr als bisher. Doch die CDU möchte lieber das Centraltheater zwingen, die euro-scene bei sich spielen zu lassen, damit sie keine teuren Einmietungen anderswo benötigt. Ob über den von Jung schon beschlossenen Intendantenwechsel an der Oper überhaupt geredet wird oder nur über Geld, muss sich zeigen. Die externe Beratungsfirma, die Strukturänderungen an den Eigenbetrieben prüfen soll, hat tatsächlich bereits hals über kopf ihre Arbeit aufgenommen. Und wird wohl auch nicht lange brauchen. Eins zwei drei im Sauseschritt, eilt die Zeit, wir eilen mit.

Ausgerechnet Linolschnitte. Im Bildermuseum bekämpft eine Ausstellung mit Werken dreier Künstler den „Erinnerungsschmerz“, der den Rezensenten Jürgen Kleindienst packt, wenn er an eigene Versuche aus Schulzeiten denkt. Die eindrucksvolle Schau von Werken Sebastian Speckmanns, Katharina Immekus' und Jens Schuberts verhilft besagten Schmerzen jedenfalls dazu, nur noch als „Phantomschmerz“ ein virtuelles Dasein zu pflegen. Kuratorin Jeannette Stoschek, Leiterin der Grafischen Sammlung, meint, „wer sich nach dem Besuch nicht für Linolschnitt interessiert, dem ist nicht zu helfen.“

Janina Fleischer hat Vicky Leandros interviewt, die am Frauentag ihr jüngstes Album „Zeitlos“ im Gewandhaus vorstellen wird. Die Sängerin, von der die lvz ein zeitlos attraktives Bild veröffentlicht, hat für den Song „Paroles, Paroles“ statt des Originals Alain Delon nun Ben Becker an ihrer Seite. Ausschlaggebend war, dass der Schauspieler eine „tiefe, erotische Stimme“ habe, auch UdoLindenberg hättee bei der Etscheidung mitgewirkt. Leandros, die bereits in Hamburg und Berlin für höchste Posten in der Kulturverwaltung im Gespräch war, nahm schließlich die Gelegenheit wahr, in Piräus mehrere Jahre Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Kultur und internationale Beziehungen zu sein. Dass man „in der Politik Projekte mitgestalten und verwirklichen“ könne, hat sie geprägt. „Dass man sich in der Politik fachlich auskennen muss, war“ für sie „der Reiz“. Eher erstaunt habe sie, dass man sogar lernen müsse, „eine Rede zu halten,“ die Bühnenerfahrung allein hilft noch nicht. Als die Politik zum Fulltimejob zu werden drohte, hat sich Leandros 2008 wieder für die Leidenschaft, die Musik entschieden.

Nach Leipzig und Dresden beglückt Yadegar Asisi auch Berlin mit einem Panometer. Mit der Ausstellung „Pergamon“ will der Leipziger Bühnenbildner „die untergangene griechische Metropole in der heutigen Türkei virtuell wiederaufleben lassen“ und zum Höhepunkt des Berliner Kulturjahres machen. Antikendirektor Andreas Scholl will es mit der Ausstellung „wirklich krachenlassen.“ Erwartet werden 1,8 Millionen Besucher.

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