Dienstag, 8. März 2011

lvz kultur vom 8.3.11: Das zuckt ja noch, das Thalia! 100 Jahre Frauentag. Uwe Scholz. Neo Rauch.

Haben wir es nicht schon immer gewusst? Es gibt ein Feuilleton außerhalb der FAZ und ZEIT! Auf einem Zeitungspäckchen mit der Aufschrift lvz sollen von einem unermüdlichen Alphabeten der Nasa Spuren von Leben entdeckt worden sein. Es sollen "Würmern ähnenelnde kleine Texturen" und "Spuren, die wie Bakterien aussehen" sein, die nun mittels Mikroskop näher auf mögliche zivilisatorische Bestandteile untersucht werden. Der Mitarbeiter der Nasa verstieg sich sogar zu der Behauptung, "dies scheine zu beweisen, dass es überall kulturelles Leben gibt und dass das Leben auf den Seiten der FAZ und ZEIT von anderen Planeten stammen könnte." Hundert Abonnenten der lvz werden nun die Möglichkeit erhalten, die lvz kultur eingehend zu studieren und ihre Befunde in den kommenden drei Tagen in den Leserbriefspalten zu kommentieren.

Das gilt leider nicht für den Aufmacher auf der heutigen lvz kultur, dem der Redakteur vom Dienst sogar noch die Einleitung „100 Jahre Frauentag: Martina Rellin erzählt, weshalb das nicht nur ein Grund zum Augenverdrehen ist.“ Und die Augen bewegen sich doch, allerdings wegen des bieder hausfraulichen Beitrags der ehemaligen Chefredakteurin des „Magazin“ zum Internationalen Frauentag selbst. Vielleicht ist die Rellin etwas zu frühzeitig aus ihrer Ehegattinnenhölle befreit worden, etwas Isolationsehehaft hätte man der Verfasserin des Buches „Göttergatten – und sie reden doch“ gerne noch gegönnt. Und dass sie geschwiegen hätte. Rellin kämpft bevorzugt längst vergangene Schlachten, lässt Clara Zetkin hochleben wegen ihres 1899 aufgebrachten Mutes, als alte Schachtel (mit 42!) einen 24-Jährigen zu heiraten, oder dem der UNO, den Frauentag 1977 offiziell zum Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“ zu erheben und ihm jedes Jahr ein neues Motto zu geben. Und immer wieder die Kämpfe Ost gegen West, die stets aufs neue auf den einen Punkt hinauslaufen, wir „selbstbewusste Pragmatikerinnen Ost“ waren doch besser als ihr „kampfverschlissene Sektiererinnen West“! Ganz gegen Bascha Mikas Feigheit-Verdikt wagt sich Rellin sogar mit dem „pragmatischen“ Vorschlag für die Gegenwart hervor, „auch Söhne und Ehemänner räumen ab heute die Spülmaschinen aus!“ Dass sie den längst auch von den Männern gelernten Pragmatismus vor lauter Selbstverliebtheit misszuverstehen neigt, zeigt ihr Schlusssatz: „Jedenfalls klingt mir noch ein sehr schöner Satz von einem männlichen Gesprächspartner für eines meiner Bücher im Ohr, der Mann ist Künstler und bezeichnenderweise aus dem Osten, er formulierte ausgesprochen nonchalant: 'Also für mich ist jeder Tag Frauentag.' Na bitte.“ Na danke.
Schwamm drüber. Denn all das wird weitgehend von Birgit Hendrichs neuer Farbenlehre des Applauses wettgemacht, mit der sie die die Wiederaufnahme des Balletts „Die große Messe“ von Uwe Scholz zu Mozarts Krönungsmesse an der Leipziger Oper beschreibt. Sie erkennt „kühle Blautöne“, wenn er verhalten kommt, „warme Farben“, wenn er dankbar und freundlich klingt und kann „hell“ in Begeisterung lodern oder als Zwischenbeifall leuchten. „Feuerrot“ brandet der Applaus nach den Soli, Pas de deux oder Pas de trois auf, „dunkler“ bei Aarvo Pärts „Credo“. „Erdig und warm“ klingt er, wenn die Gesangssolisten gemeint sind, „hellrot“ für den Chor der Oper Leipzig und der Schlussbeifall sei einfach nur „bunt.“ Bunt wie begeistert. Auch meine Tastatur denke ich mir jetzt bunt.

Auch Nina May widmet heute ihr „ausgepresst“ den unsäglichen Vorkommnissen an der Hallenser Theater, Oper und Orchester GmbH, wo nun klar zu sein scheint, dass der längst vereinbarte, sehr solidarische Haustarifvertrag von der Gewerkschaft Verdi und dem städtischen Gesellschafter der GmbH bzw. von Geschäftsführer Rolf Stiska nicht unterzeichnet werden wird. Das Thalia Theater folglich aufgelöst wird. Nina May, die gleich anfangs in ihrem Text endlich wieder eine wundervoll komische Bemerkung einflicht („Die Eisenbahn-Gewerkschaftler streiken einfach mal wieder (haben sie eigentlich je aufgehört?!),“ wundert sich zu Recht, warum ein solches Gewese um die Gewerkschaft der Lokomotivführer gemacht wird, wo doch die Bürokraten des Arbeitskampfes (hie wie da) sich zur Zeit ein komplettes Kinder- und Jugendtheater auf das Gewissen laden.

Judy Lybke kontert. Wenn seine Galerie Eigen+Art nicht zur Art Basel eingeladen wird, wird es selbstverständlich keine Mauertaktik seiner von ihm vertretenen Künstler geben, vielmehr einen Tempogegenstoß, meint lvz redakteur Jürgen Kleindienst. Die erste fertiggestellte und öffentlich gezeigte Skulptur Neo Rauchs werde nun eben – ätsch – auf der Art Cologne gezeigt. Basel hat den Schaden. Sieg in der Verlängerung. Lybke lässt sich halt nie nicht unterkriegen. Und wo er schon dabei ist. Einen seiner zwei Träume (Auf den Mond fliegen und Schauspieler werden) hat er modifiziert. Hartmann, Zielinski, Schreiber & Co: herhören! Jetzt will Lybke gerne mal Regie bei einem Theaterstück führen. Na, interessiert? Zum ersten, zum zweiten, ...

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