Freitag, 3. September 2010

lvz kultur vom 03.09.10: Serdar Somuncu, Venedig & Juliane Banse

Also gut, wieder Sarrazin. Abermals ein erfrischend intelligentes und witziges Interview von Jürgen Kleindienst, heute mit Serdar Somuncu über dessen Buch "Der Antitürke" (weil: "Ich will auch meine Auflage steigern") und - ja - Thilo Sarrazin. Für Somuncu gehe es Sarrazin um "ein dumpfes Gefühl" statt um die Wirklichkeit, es gehe um "einen Schlag in die Fresse all derer, die versuchen zu differenzieren" und - als Reaktion - um "mehr Gelassenheit". Aber: "Das gesamte Thema ist aber viel zu kompliziert, um in TV-Schlagabtäuschen abgehandelt zu werden". Was bedeutet, dass an vielen angerissenen Thesen ein Korn Wahrheit dran ist. Wo aber wird jetzt darüber differenziert geredet? Und wer hört zu oder liest?
Bei den Filmfestspielen von Venedig hat der Film "Miral" von Julian Schnabel Aufsehen erregt, schreibt Hanns-Jochen Kaffsack. Der auf einen Roman von Rula Rebreal zurückgehende Film über das Leiden palästinensischer Frauen handelt von einer Schule, in der Kriegswaisen unterkommen. Fazit: "Bildung ebnet den Weg zum Frieden, nicht Gewalt". Er sei bereits jetzt im Gespräch für einen politischen "Goldenen Löwen".
In Boris Michael Gruhls Artikel über die Premiere des Opernfilms "Hunter's Bride - Der Freischütz" in Dresden mit der Opernsängerin Juliane Banse als Agathe wird nicht nur über die derzeitige Entwicklung der Sängerin mit Hochachtung geschrieben, auch das seltene Genre Filmoper wird voller Faszination dargestellt. "Beide Medien verbinden und verbünden sich". Die verschiedenen realen Schauplätze etwa beflügeln die Fantasie der Sängerin ungemein, wodurch die sprachlichen und darstellerischen Möglichkeiten vielfältiger und intensiver seien als auf der Opernbühne. Und: "Dabei kann es auch drastisch werden, es gibt knallharte Szenen, die nicht immer jugendfrei" seien. Dies sei aber positiv, denn es könne "von befreiender und beglückender Wirkung sein, sich emotional einmal so richtig überrumpeln zu lassen."
Außerdem lobt Ulrich Steinmetzger das Jazzfestival im kleinen Saalfelden in Österreich ("In voller Breitseite gibt es wieder schmutzige Musik am sauberen Ort") und hebt Rob Mazureks Musik - "von hymnischer Kraft" - mit dem Chicagoer Exploding Star Orchestra als Höhepunkt des "bestechend schlüssigen" Festivals hervor, das sich ausschließlich mit zeitgenössischem Jazz auseinandersetze und tatsächlich "Neues erforsche".

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen