Montag, 6. September 2010

lvz kultur vom 06.09.10: Weissensee, Mendelssohn-Festtage & Paul-Fröhlich-Cup

Vermittelt die neue mdr-Serie "Weissensee" neben Unterhaltung auch ein wenig ostdeutsche Geschichte? In seinem Artikel auf lvz kultur sagt Eric Leimann "ja", Peter Korfmacher sagt im Leitartikel auf Seite 1: "nein". Immerhin: Nach zwanzig Jahren Einheit taucht erstmals, schreibt Leimann, der DDR-Alltag in einem Serienformat zur besten Sendezeit der ARD auf. Ist die Leiche also endlich genügend abgehangen? Das Trommelfeuer der öffentlich-rechtlichen 20.15 Uhr-Fernsehunterhaltung zeigt tatsächlich Wirkung. Wie eine heiße Kartoffel wird behandelt, in welcher Form DDR-Alltag einem Hansi-Hinterseer-gestählten Westzuschauer zumutbar ist, und einen älteren Ostzuschauer nicht vielleicht in unkontrollierte hysterische oder depressive Verstimmungen treibt. Ob "Weissensee" wirklich "verdichtete DDR-Geschichte, erzählt mit den Mittel eines Familiendramas" sein wird oder doch eher einem konfliktscheuen Unterhaltungsbedürfnis angepasst wurde, spielt im Grunde keine Rolle. Dass die Öffentlich-Rechtlichen ebenso wie die privatrechtlichen Medien, an dem künstlichen Antagonismus hie Unterhaltung, dort politische Bildung festhalten, ist der eigentliche Skandal. Warum soll ein Film, eine Serie nicht beides leisten können? Von lvz Kulturchef Peter Korfmacher hätte man diese Einstellung sicher nicht erwartet. Die schwarz-weiß-Sicht mag vielleicht für interessegeleitete Provokateure (á la BILD und Sarrazin) oder Opportunisten (z.B. politische Gruppierungen) naheliegend sein. Für Journalisten eher nicht. Aber auch pk tritt leider in diese Populismusfalle, selbst wenn er zum scheinbar entgegengesetzten Ergebnis kommt. Seine suggestiven entweder-oder-Gegensätze (z.B. "Denn mit kuscheliger Damals-war-auch-vieles-schön-Folklore ist natürlich drüben ebenso wenig Quote zu machen wie mit unhinterfragter Unterdrückungslyrik hüben") verhindern eher einen genaueren Blick auf die Möglichkeiten der Sender, aber auch auf die Realität. Dass er einen Begriff wie "Unterdrückungs-Lyrik" - als sei die Frage von Unterdrückung in der DDR eine Frage von privaten Empfindsamkeiten, oder einer kleinen, etwas spleenigen Randgruppe - postuliert (und andere Biografien damit zur Marginalie degradiert), und diesen mit dem Wort "unhinterfragt" verbindet, als ob nur noch Hardliner und Fundamentalisten dieses Thema behandeln, grenzt übrigens für einen intelligenten, differenzierten Menschen an Selbstverleugnung.
Das schon vor einigen Tagen als wahrhaft innovativ angekündigte "Konzert für Neugierige" des Mendelssohn Kammerorchesters hat nun im Gewandhaus stattgefunden. Laut Tobias Wolff "bleibt es allerdings fraglich, ob dieses Werk ('passion 13') wirklich dazu geeignet ist, Neugierige und vielleicht sogar Kinder an zeitgenössische Musik heranzuführen". Obwohl Kinder - zumindest eine Konzert-Halbzeit lang - das Konzert hätten miterleben sollen, haben die Eltern allein von dem Angebot Gebrauch gemacht, ihre lieben Kleinen von Beginn an "an der Garderobe" abzugeben. Selbstverständlich mit pädagogischem Begleitservice. Und vorzeigbaren Bildern der Kinder als Ergebnis. Trotzdem: Auch ohne den Hype ein sinnvolles Angebot. Und das Konzert mit der fantastischen Gesangssolistin Salomé Kammer soll ja auch, zumindest "in weiten Teilen", "toll" gewesen sein.
Glaubt man Caroline Baetge, dann ist der 2. Paul-Fröhlich-Cup (vormals naTo-Cup)mindestens dem lvz szene Redakteur Mathias Wöbking auf den Magen geschlagen. Zum einen, weil er einen scharf geschossenen Ball auf seinem Weg ins Tor nur mittels seines Verdauungsorgans aufhalten konnte, aber auch, weil die lvz zum ersten Mal seit ever auf ihrem Weg ins Finale bereits in der Gruppenphase ausgeschieden ist, wenn auch punktemäßig noch vor dem Kreuzer liegend. Dass er selbst - wie die anderen Teilnehmer auch - schnöde als Leipziger D-Promi kategorisiert wurde, wird er - spätestens nach einem Schluck Magenbitter - eher leicht verwunden haben. Der legendäre Cup, der mit seinen eigenwilligen Regeln eher dem Spaß und der "Schönheit in Bewegung" gewidmet ist als dem Bierernst, habe allerdings neben einem gedellten Magen auch einen Knochenbruch, Prellungen, Schrammen und Beulen bei anwesenden Mannschaften erzeugt. Ob das nur am Pech oder Unvermögen lag, oder doch an der überehrgeizigen Einstellung mancher Mannschaft, lässt die Schreiberin offen. Sensationell muss in dieser Frage der Auftritt des Teams "Morgens halb zehn in Deutschland" gewesen sein, das frisch aus der Dusche kommend, Bademäntel und Duschhauben noch nicht abgelegt, nur für einen kurzen Aufgallopp den Rasen der Festwiese beackerten. Nach dem Frühsport "legen wir uns aber wieder hin", bestätigte ihr Mitspieler Sven, und demonstrierte, dass er nicht zur verbissenen Spezies des Tages zählte, außer dem der Bettlägerigen. Glückwunsch! Auch an den Sieger, den Jugendfreizeitverein aus Mecklenburg!

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