Mittwoch, 22. September 2010

lvz kultur vom 22.09.10: Grass, Osang, F/Stop & Dokfilmwoche

Über eine Lesung aus Günter Grass' jüngstem Werk "Grimms Wörter", die im Gewandhaus stattfand, berichtet Jürgen Kleindienst. Der 83-jährige habe soo einen Bart, doch den lobt Kleindienst ganz brav: "so schön" sei er. Ansonsten wollte Grass nicht reden, nur lesen und seine"geradezu erotische Umkreisung der Quelle aller Dichtung, der Sprache" auf offener Bühne vorführen. Sein Hilfsmittel: Die "satte volle Stimme" mit dem überzeugenden Klang. Das Handikap: Die Grass-typische, antiquierte, von "Barock und Bäuerlichem inspirierte" Sprache. Er sei nun "wirklich auf der Schwelle in den Ruhestand", befindet Kleindienst. Und so ziehen manche Wörter seiner Lesung an ihm "ungehört vorüber".
Janina Fleischer scheint Alexander Osangs neuer Roman "Königstorkinder", den er im Figaro Lesecafé in der Moritzbastei präsentieren wird, nicht besonders inspiriert zu haben. Brav rekapituliert sie die Stationen und Inhalte der Geschichte eines ehemaligen Ost-Journalisten, der auf eine aus dem Westen stammende Mitarbeiterin einer Werbeagentur trifft. Beide nehmen Antidepressiva und halten es vor allem deshalb zusammen aus, weil sie "nicht in ihren langweiligen Leben ertrinken wollen". "Manchmal bitter, oft komisch" sei der Roman, der ebenso das politische Ost-West-Dings meinen soll, und dessen Qualitäten jedenfalls nicht im Aufputschen liegen. Fast wie im richtigen Leben.
Morgen startet unter dem Motto "Im Verborgenen - From 5 to 5" das F/Stop Fotofestival und nutzt dafür unter anderem das leerstehende Ring-Messehaus. Hier sollten zwar, so berichtet Nina May, am Montag bereits die Fotos von Peter Bialobrzeski hängen. Doch seine Bilder von asiatischen Megacities, die "eine Aura aus glühendem Licht" verströmen würden, lägen zum Teil noch beim Zoll. Daher schreibt May mehr über die Aura des derzeit ungenutzen ehemaligen Messehauses, als über die "Wahrnehmungsgesetze dieser anderen Tageshälfte", blickt ansonsten melancholisch aus dem Fenster und fühlt sich "weit weg".
Von kleineren Konflikten zwischen Leipziger Dokwoche und Bundesarchiv/Filmarchiv berichtet Norbert Wehrstedt. Für eine Retrospektive über das Militär in Dokfilmen arbeitete das Archiv mit dem Militärhistorischen Museum Dresden und seinem Leiter Jan Kindler zusammen. Für Claas Danielsen ein Stein des Anstosses. Krieg sei kein Mittel, den Frieden zu erzwingen, meint er, unter dem Logo der Dokfilmwoche, der Friedenstaube, wolle er nicht - offiziell zumindest - gemeinsam mit der Bundeswehr arbeiten.

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