Mittwoch, 6. Oktober 2010

lvz kultur vom 06.10.10: Leuze, Paoli, Wiglaf Droste & Israel

Wolfram Leuze, Kulturausschussvorsitzender, im Interview zum Thema "Wo spare ich Kultur ein" mit Peter Korfmacher. Einen konkreten Vorschlag macht er: Oper und Gewandhaus verwaltungstechnisch zusammenzulegen. Billig. Sogar poor lonesome comboy OBM Jung hat hier bereits Zustimmung signalisiert. Sonst: Weichgespülte Kacke. Der Schwarze Peter wird an "die Stadt" weitergereicht. Leuze erwarte "klare Ansagen", wo 2,5 Mio Euro eingespart werden sollen, falls das Land wirklich ernst macht. Feiger gehts nimmer. Im übrigen will Leuze z.B. lieber bei der Oper selbst einsparen als bei der Muko, weil er sich da im Einklang mit den Bürgern fühlt. Punkt eins: Leuze verschiebt die Verantwortung, Dresden zu stoppen, auf die Öffentlichkeit ("wäre ich der Bevölkerung dankbar, wenn sie verdeutlichen könnte, welche Folgen das hat"), nicht nur als Lautsprecher, ebenso als Meinungsmacher in Sachen Sparvorschläge. Punkt zwei: Leuze möchte reagieren, protestieren, im Rampenlicht stehen, nie als Akteur Stellung beziehen und Verantwortung zeigen.
Heißt: Kein eigener Vorschlag. Keine klare Stellungnahme. Abwarten und besserwissen.
Zu Punkt eins: Nix Verantwortung abwälzen. Hier und jetzt an über 100 Punkten Stellung beziehen gegen CDU und FDP im Land, die die Landesbühnen Sachsen aus ihrem Haus schmeissen wollen, um sie dem Unterhalt aller anderer Kultureinrichtungen, die von den Kulturräumen des Landes Sachsen bezahlt werden, aufzubürden. Verbündete suchen! Ideen haben. Reik Hesselbarth (FDP) zustimmen (wie die LINKEN) und umarmen. Kulturämter, Landräte, Theater, Bühnenverein, Politiker zusammenbringen. Nicht klugschwätzen ohne jegliche Konsequenz. Zu Punkt zwei: Klar sagen, dass die Kultur ebenso wie das Soziale kein Sparvolumen hergibt. Im Gegenteil. Landesbank zur Rechenschaft ziehen, weniger Marketing, weniger Apparat, mehr Inhalt, mehr Kultur. Aufrüsten, gerade wenns wehtut. Und Luft für eine Strukturänderung in drei Jahren sammeln. Währenddessen: Kreativwirtschaft stärken. Ansonsten: Weg von der Mainstreamkultur. Muko privatisieren. Überlegen, ob das Theaterhaus Jena Vorbild sein kann für eine Umwidmung des Stadttheaters. Verbunden mit einer Professionalisierung der latent selbstgefälligen und weitgehend amateurhaften OFF-Szene samt Stützung des bodenständigen Theaters der Jungen Welt, um den Unterbau für ein Theaterinteresse zu schaffen. Externe Aufträge suchen für die artenschutzbedrohten Theaterwerkstätten (vielleicht der MDR?, trotz Landesgrenzen Zusammenarbeit mit dem Theater Halle?). Und vor allem: Opernetat maßvoll streichen und im Grunde zusammenhalten für einen überregional interessanten Intendanten, der weiß, was er gemeinsam mit dem Gewandhaus veranstalten kann. Keine Provinzialisierung!!! Und wer von den Stadträten intimere Kenntnis hat von den Interna der Kulturbetriebe soll bitteschön mal eigene Gedanken haben, die Intendanten befragen (!) und konfrontieren, nicht wie Herr Leuze auf weichgespültem OBM-Kurs segeln.
Konservative aller Länder, ob Israel oder Deutschland, vereinigt euch! Heute beim Abend der Prüfgesellschaft für Sinn und Zweck im Centraltheater hat ein Zuschauer bei Wiglaf Drostes Sottisen gegen überhebliche Deutsche, die Israel vorschreiben wollten, wie sie politisch zu handeln hätten, nicht mehr an sich halten können (im Gegensatz zu Guillaume Paoli, der die ständig betonte "besondere Verantwortung" der Deutschen ironisierte). Der Zuschauer erzählte von Israel, dass heute einzelne Shoaüberlebende am Hungertuch nagten. Die öffentliche Reaktion: Deutschland solle zahlen. Daraufhin beteiligten sich jüdische twentysomethings an der Diskussion und empörten sich lautstark: Verantwortlich seid ihr selbst! Lasst doch nach so vielen Jahren endlich die Vergangenheit Vergangenheit sein und Deutschland aus dem Spiel. Wohlgemerkt: Es ging um individuelle Verantwortung und kollektive Schuldzuweisung. Der das im Centraltheater sagte, war ein augenscheinlich in Deutschland lebender, gebrochen deutsch sprechender Jude von Mitte Dreißig. Dass Paoli und Droste gegensätzlicher Meinung waren, ging bei dem äußerst wohlwollenden und zurückhaltenden Publikum (und Paoli selbst) leider unter. Da wäre ein Gespräch spannend geworden. Sattdessen gabs einstudierte Polemiken und kein Gespräch. Lag nicht an Paoli.
Die Konservativen in Israel empören sich über ein mögliches Gastspiel des israelischen Orchesters unter Leitung von Meirav Magen Lelie in Bayreuth. Katharina Wagner hat das Orchester eingeladen. Es lebt sich leichter mit klaren Fronten. Holocaustüberlebende betrachten ein Gastspiel als Kapitulation. Zur Kenntnis: Richard Wagner wird in Israel boykottiert.

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