Mittwoch, 20. Oktober 2010

lvz kultur vom 21.10.10: Retro, YouTube & Gewandhaus

Die Dokfilmwoche distanziert sich von ihrer eigenen Filmreihe. Paradox? Eher ein Beispiel alten Denkens. Die Taube will clean, das Gewissen der Dokfilmwoche sauber bleiben und schafft doch nur desinfizierte PR-Oberflächen. Retro nennt sich die Filmreihe "Regie und Regiment", in der 35 militärhistorische Filme von 1914 bis 1989 gezeigt werden - in Zusammenarbeit mit dem bundeswehreigenen Militärhistorischen Museum in Dresden. Das wiederum verstoße laut Claas Danielsen gegen den erklärten Pazifismus des Festivals. Doch Danielsen ist es damit egal, ob die gezeigten Filme über das Militär kritisch sind, auch ob das Museum selbst ungebrochen in militaristischer Tradition stehe. Was es nicht tut, etwa im architektonisch jegliche tradierte Form konterkarierenden Anbau von Daniel Libeskind. Am Ende ist es einfach die Bundeswehr als Institution, die konträr zum erklärten Pazifismus steht, mehr nicht. In seinem Bericht zitiert Norbert Wehrstedt Museumsleiter Jan Kindler, der Danielsens Argumente für "fernab jeglicher Realität" hält. Vielleicht will sich Danielsen ausgerechnet in dem Jahr, in dem das Festival einen weiteren großen Schritt zum Arrivierten geht, keine Blöße geben und schafft doch heilsame Diskussionen. Denn vielleicht wollen die Zuschauer, die den zur Schau gestellten Mystifikationen des Militärischen wohl kaum auf den Leim gehen, einfach die Analyse selbst anstellen und nicht der Festivalleitung überlassen. Misstrauen gegen Eigenverantwortlichkeit ist paternalistisch, ganz egal, ob sie nebenbei auch prinzipienfest ist.

Das Guggenheim Museum New York prämiert die besten 25 Videos auf YouTube. In der Jury sitzen Laurie Anderson, Darren Aronofsky, Douglas Gordon, Stefan Sagmeister und Takashi Murakami.

Der Klaviervirtuose Benyamin Nuss spielt am kommenden Samstag im Gewandhaus Musik des japanischen Komponisten von Videospielmusik Nobuo Uematsu. Der Star der Computerspielmusiker arrangiert Jazz, Popmusik, Schlager und Musik aus der japanischen Kultur. In einem Gespräch mit Burkhard Schäfer hält Nuss Uematsus Musik nicht nur für höchste lebensnahe Kunst. Er will sich auch grundsätzlich nicht vorschreiben lassen, ob er die für ihn existierende Schublade des klassischen Pianisten erweitert oder nicht. Nuss will sich weder einengen lassen noch abhängig sein. Er, der seit er zwölf war, selbst Computerspiele spielt, glaubt, dass die extremen Erscheinungen von Computerspielen da oder partielles Suchtverhalten mancher User das ganze Metier zu Unrecht in Verruf gebracht hätten.

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