Sonntag, 1. August 2010

lvz kultur vom 02.08.10: Buchmesse in Kapstadt, Global Space Odyssey & Ferro-Festival

In Süd-, aber auch im restlichen Afrika, in dem politische Elien oft ungebildet seien, hat das Bücherlesen keine Vorbilder und erst recht keine Lobby. Auf der größten afrikanischen Buchmesse 2010 in Kapstadt, schreibt Laszlo Trankovits, verbreiteten mit Wole Soyinka und Desmond Tutu zwar gleich zwei Nobelpreisträger Glanz, doch der Lesekultur helfe das noch lange nicht. Wo z.B. die Förderung unzähliger Fußballinitiativen "in Diskrepanz" zu den "spärlichen Geldern für Lesekultur und Bildung" ständen, gäbe es aber durchaus einen Hunger nach Literatur. Wenn sie bezahlbar ist. In Nigeria werde ein Buch von 20 Menschen gelesen, illegale, "wilde Buchmärkte" in anderen Ländern Afrikas sprechen eine ähnliche Sprache. Und ein Projekt, das Kindern zehn Exemplare eines illustrierten Büchleins zum preiswerten Weiterverkauf schenkt, fördert "Geschäftssinn" ebenso wie "Lesekultur" - und scheint bereits in kurzer Zeit von Erfolg gekrönt.
Die Förderung oder zumindest Legalisierung nichtkommerzieller Kultur, insbesondere der Clubkultur und derem kreativen Selbstverständnis, hatten sich auch die Organisatoren der Global Space Odyssey in Leipzig auf die Fahnen geschrieben. Mathias Wöbking berichtet einmal mehr vom häufigen Unverständnis, wenn nicht gar ordnungspolitischer Willkür auf Seiten städtischer Ämter. Dass kommerzielle Betreiber da auf ganz andere Resonanz stießen, bereite nicht nur dem Sprecher der IG Kultur West, Sven Deichfuß, hörbar Ärger. Dass er allerdings mit Weggang im Fall, dass sich daran in nächster Zeit wenig ändern solle, droht, belegt, wie wenig Zutrauen zu städtischen Stellen tatsächlich besteht, nicht nur in Duisburg. Immerhin: parallel dazu beginnt die Stadt (u.a. Tiefbauamt), vorsichtig mit der Kultur im Westen Leipzigs zu werben, indem ab Leipzigs City eine entsprechende Beschilderung Einheimische wie Touristen den Weg weisen sollen. Das deutet zumindest auf potentielle Unterstützer hin und stimmt insofern vorsichtig optimistisch.
Im Vergleich zu den 3000 tanzenden Demonstrationsteilnehmern der Global Space Odyssey nehmen sich die 10.000 Besucher beim 3-tägigen Ferro-Festival von MDR Jump im ehemaligen Braunkohletagebau bei Gräfenhainichen, für das immerhin eine riesige Werbemaschinerie gelaufen ist, verglichsweise noch spärlich aus. Markus Wittpenn befindet gleichwohl "klein aber fein und mit ausgezeichnetem Preis-Leistungs-Verhältnis" und freut sich - neben vielen anderen Gigs - über einen grandiosen Auftritt von Blue October.
Bei so viel Aufbruch und Lust auf Musik und (Sub-)Kultur nimmt sich Rainer Wagners Bericht über Glucks "Orfeo" bei den Salzburger Festspielen eher deprimierend aus. Weder musikalisch (Wiener Philharmoniker unter Riccardo Muti: "blut- und glutloses Musizieren") noch inszenatorisch (Dieter Dorn, Bühne Jürgen Rose: "allzu braves Nacherzählen") überzeugend, hat sich die Hochkultur an diesem Wochenende statt altmeisterlich nur "altväterlich" präsentiert.

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