Montag, 30. August 2010

lvz kultur vom 30.08.10: Armin Mueller-Stahl, John Grisham & Oi Division mit Bodytalk

Ja, die Schauspielergröße Armin Mueller-Stahl hat familiäre Beziehungen zu Leipzig, zudem malt er selbst. Hinreichende Gründe für die lvz, in ihrer Edelgazette SpinArt aus Anlass des kommenden Spinnereirundgangs mit besagtem Künstler ein groß beworbenes Exklusivinterview zu führen. Die in lvz Kultur erscheinenden Fragen Ingo Rosendahls sind Ausschnitte aus dem kompletten Interview, klingen allerdings zu sehr nach Stargeschleime und Bravo für die Kunst. Gleich zu Beginn wird die Dichotomie hie gute Kunst - da schlechte Politik aufgemacht, und die Kunst sei selbstredend in viel zu schwacher Position gegenüber der Politik, "kein Kraftpol". Zuwenige Mueller-Stahls, der zu Zeiten der DDR als Volksbühnenschauspieler gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns unterschrieb? Zudem könnten mit "so viel Freiheit" wie heute in Deutschland viele Autoren "nichts mehr anfangen". Zu viele verlören ohne sichtbare Gegener "ihr Thema". Was durchaus nach Blickfeldverengung und verstärktem Kreisen um sich selbst aussieht, ignoriert die Rolle des Publikums, der Bürger. Dieses müsste doch künstlerische Impulse, sofern vorhanden, der Politik um die Ohren hauen, nicht die Kunst selbst (Auch wenn der Stimme von Künstlern - wie im Falle Biermanns - durchaus Gewicht zufallen kann, wie das heute an anderem Orte der lvz wiedergegebene Beispiel israelischer Bühnen- und anderer Künstler verdeutlicht, die den Boykott eines neuen Gastspieltheaters in einer israelischen Siedlerstadt im Westjordanland und wütende Reaktionen rechter Politiker meldet). Ansonsten verbleiben Mueller-Stahls Antworten - nicht mal unsympathisch - auf einer persönlichen Ebene, die insbesondere sein Älterwerden reflektiert.
Über eine bemerkenswerte Geschichtensammlung John Grishams mit dem Titel "Das Gesetz" schreibt Peter Korfmacher und verleiht ihr das Etikett "große Literatur". Interessanterweise habe das mit der gewählten kleinen Form zu tun, die den Geschichten Suspense oder Thrill erst garnicht hineinzuschreiben erlaube. Es sind die genau und mit warmer Sympathie beschriebenen Menschen, allesamt Gesetzesbrecher, und die Verhältnisse einer Kleinstadt in Mississippi, die deutlich machen, dass es weder einfache Antworten noch Gerechtigkeit für solcherart, in der Regel kleinkriminelle Fälle gebe, aber ein Schicksal, das so gut wie keinem mehr einen Ausweg aus dem Kosmos lässt, in den diese Menschen einmal eingetaucht seien.
Steffen Georgi schreibt über eine Tanztheaterpremiere im LOFFT. Die Bonner Bodytalk-Company zeigte "Zig Leiber/Oi Division" und Georgi fand all seine bösen Vorahnungen nicht bestätigt. Keine "getanzte Gesellschaftskritik". Kein "Tanz stößt auf Realität-Blabla". Keine "piefige Militanz-Kungelei" für Bildungsbürger oder Erstsemester. Stattdessen "sexuell aufgeladene Aggressionslust", die nicht diskreditiert werde, "Destruktivität" die endlich als "verlockend" und "geil im wahrsten Sinne" gezeigt würde. Überhaupt zeige das Stück das "Schwein im Menschen" und lasse dabei "auch mal die Sau raus". Dionysisch sei dies, "immer klug kanalisiert" - ohne zu sagen, in welche Bahnen - und mit großartiger, live gebotener Musik der Joy Division zumal. Endlich werde gezeigt, dass in allen "die Bombe ticke". Und dass dies Spaß macht.

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