Dienstag, 31. August 2010

lvz kultur vom 30.08.10: Kunstmarkt in Sachsen und Sax von Adolf Muschg

Passiert wirklich was in Leipzig? Wenns nach der lvz Kultur geht, nicht. Allerdings erfährt man in einem Interview mit Lydia Hempel vom Sächsischen Künstlerbund Interessantes über den Kunstmarkt, seinen Hype und die Realität down on earth. Jürgen Kleindienst, der die Fragen stellt, ist erfreulich wissbegierig und Hempel antwortet klug. Kleiner Fakt am Rande: Bildende Künstler in Sachsen verdienen im Durchschnitt netto unter 700 Euro monatlich. Stipendien seien wichtig, auch für Etablierte, weil auch Sponsoring eben kaum ein Thema ist in einem Bundesland ohne Firmensitz. Und Staatsgelder vielleicht Schauspielern, aber nicht Bildenden Künstlern zugute kommen. Die Hoffnung, ja, Forderung geht dahin, Honorare für ausgestellte Bilder, für Leistung zu verlangen. Das solle übrigens auch für öffentliche Kunstwerke ins Gespräch gebracht werden. Unter dem bürokreatischen Terminus "Blick-Gebühren" zwar, aber immerhin. Konkret wird der mangelnde Mut von Ausstellungsmachern bedauert. Unkuratierte Ausstellungen etwa. Und: Es sei immernoch öffentlichkeitswirksamer, dem Markttrend hinterherzuhecheln und einen der wenigen überregional bekannten Künstler auszustellen, als selbstbewusst und produktiv an die vorhandenen "Linien und Bestände" anzuknüpfen. Auch Folgekosten nach Sanierungen ("Lipsius-Bau") für deren nachhaltige Bespielung einzukalkulieren, sei nicht selbstverständlich. Eben das ernsthaft zu nutzen, was vorhanden ist. Was die Abwanderung potenter Künstler beträfe, sei Leipzig - anders als das an "Elbtal-Miefigkeit" laborierende Dresden - von einer erstaunlichen Lebendigkeit, die sich nicht einmal von dem nahen Berlin wirklich beeinflussen lasse.
Muss man über Psychoanalysen von Filmfiguren berichten? Von einem einzelnen Leipziger Architekten auf der Architektur-Biennale in Venedig? Von der Anmietung eines Atelierraumes auf dem Spinnereigelände durch den Tauchaer Maler, Grafiker und Gastronomen Rüdiger Bartels? Außer, man verkauft gerade ein sogenanntes Hochwert-Magazin, in dem unter anderem Interviews mit berühmten Schauspielern abgedruckt sind? Nicht wirklich.
Aber die lvz tut es.
Immerhin: Adolf Muschgs jüngster Roman "Sax", der sich dem parapsychologischen Genre, also der Gespensterstory, widmet, wird mit großem Bedauern verrissen. Keine Leichtigkeit, keine Dynamik, biederer Plot, befindet Ulf Heise. Auch bei Muschg das scheinbar wiederkehrende dramaturgische Allheilmittel älterer Männer: Frauen, die sich - ob oder ob nicht von Eco und Borges beeinflusst - als die eigentlichen Helden entpuppen. Gibt es da etwas aufzuarbeiten, je näher mann ans Ende seines selbstbestimmten, mit Bedeutung überhäuften Lebens gerät? "Du Opfer" heißt der Schnack junger Leute heute - oft allerdings in vorauseilendem Gehorsam - zu solcherart Jammerarien. Wirklich penetrant ist allerdings, wenn Muschg das alte Churchillsche Bonmot "Wer mit zwanzig kein Kommunist ist, hat kein Herz, wer mit vierzig immer noch einer ist, hat keinen Verstand" - oder macht das nur Heise? - als das eigene larmoyante Wendealibi verkauft. Wo Helene Hegemann für ungeniertes Klauen noch von der Meute verrissen wurde, lohnt anscheinend nur noch Mitleid mit Muschg.

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