Montag, 16. August 2010

lvz kultur vom 16.08.10: Centraltheater und die Luther-Zwerge

Der Sturm im Wasserglas behält Unterhaltungswert: Die umstrittene Installation von Ottmar Hörl, der 800 bunte Lutherfiguren auf den Wittenberger Rathausplatz stellte, ruft nun - nach Friedrich Schorlemmers Verdikt vom "geschmacklosen Ablasshandel" - lokalpolitisch inspirierte Befürworter auf den Plan. Die Diskussion darüber, ob die Luther-Zwerge "Kunst" seien oder nicht, sei "gut und richtig", befindet Wittenbergs OBM Naumann. "Luther kommt zu uns, bleibt nicht oben auf dem Sockel" hat jemand die gegenwärtige umfassendere Kunstdebatte virtuos auf den Punkt gebracht.
Sturm im Wasserglas trifft auch auf den Aufmacher der lvz kultur zu. Hier schreibt Martin Eich über des "Regisseur des ästhetisch-dramaturgischen One-Night-Stands", Sebastian Hartmann, Intendant des Centraltheater Leipzig. Nachdem jemand gleich zu Beginn vom Sockel geholt wird, lässt er sich natürlich entsprechend einfacher angepinkeln. Martin Eich wirft Hartmann als erstes Allmachtsphantasien vor, und dass er nicht davor zurückschrecke, Kritiker zu bekämpfen statt sie zu widerlegen und sie im Zweifel auch zu verleumden. Eich stellt sein Kritikerlicht auch nicht gerade unter den Scheffel, indem er sich anmaßt, Antonin Artaud, Vorbild Hartmanns, als "Totengräber aller Werte der Aufklärung" zu denunzieren und dessen Gedanken gleichsam zur "Ideologie des Misserfolgs" erklärt, schließlich sei die einzige Umsetzung in die Praxis, die zu Lebzeiten Artauds vorgenommen wurde, ein "Reinfall" geworden. Weiter zitiert er genüsslich aus Verrissen ("Castorf im Rosinenformat", "präpotentes Jungenkonzept von Theater") und "widerlegt" weniger den Regisseur als dass er ihn mit Zitaten Dritter "bekämpft". Was Hartmann künstlerisch vorgeworfen werden soll, bleibt unklar, dass sich Chef Hartmann die "Welt als Wille und Vorstellung" nach eigenem Gusto stricke, ist dabei nicht einmal als abwegig anzusehen. Nur steht er damit nicht allein in der Intendantengruppe des Deutschen Bühnenvereins.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen