Freitag, 27. August 2010

lvz kultur vom 27.08.10: Lachmesse, Schumann, Sean Scully

20 Jahre Lachmesse seien Grund genug, all die Großen des Kabaretts, der Kleinkunst und Comedians wie in einer Schatzbüchse zu versammeln und vom 14. bis 24. Oktober gekonnt den Deckel der Pandora zu lüften. Vielleicht reicht ja tatsächlich das geistvolle Benennen des vielgestaltigen Unheils, es wirkungsvoll zu bannen? Mark Daniel jedenfalls verfällt allein durch die Aufzählung der Stars in eine Glücksstarre, die wohl erst durch das Liveerlebnis wieder von ihm weichen wird, sicher zum ebensolchen Vergnügen der vielen anderen Zuhörer: Es sind Georg Schramm, Bruno Jonas, Jürgen Becker, Richard Rogler, Christoph Sieber, das Erste Deutsche Zwangsensemble, Erwin Grosche, Leo Bassi, Joesi Prokopetz, Ferruccio Cainero, Ohne Rolf, Alfons und Mark Britton. Neukommer wie Ken Bardowicks, Nepo Fitz und Jens Neutag stünden für die kommende Generation der "geistvollen Politunterhaltung". Die Geburtstagsgala vollenden Josef Hader, Hagen Rether und Tom Pauls übrigens erst nach offiziellem Ende der Messe.
In ähnlich buchhalterischer Emphase reiht Peter Korfmacher feierliche Adjek- und Substantive auf, die den beinahe himmlischen Klangkosmos des jüngsten Großen Konzertes unter Ricardo Chailly im Gewandhaus ahnen lassen sollen. Es gab Schumanns a-moll-Klavierkonzert, der 18-jährige Solist Kit Armstrong polarisierte allerdings die Menge. Poesie und Klarheit, ja, aber wo bleibt die Emphase und Leuchtkraft des Spiels? Die bringe als Mitgift das Orchester des Gewandhauses hinzu, "intimes Miteinander" nennt es der lvz Kulturchef und fertig scheint die Hochzeitsnacht in all ihren Höhen, Lyrismen und Erregungen. Den orgiastischen Jubel darf dann das Publikum beisteuern. Und in neun Monaten wachsen viele kleine neue Abonnenten nach.
Amerikanische Moderne mit europäischer Malereitradition zu vereinen, wird dem Iren Sean Scully nachgesagt. Die Kunstsammlungen Chemnitz widmen dem internationalen Star eine überwältigend schöne Ausstellung, findet Meinhard Michael. Ähnlich einem "Whisky, in dem große Gefühle lauern" entzünde die abstrakte Sprache von Scullys Gemälden einen schonungslos subjektiven emotionaler Furor. Der stark abstrahierend und philosophierend denkende Künstler habe der Malerei eine "Tiefe der Bedeutung zurückgegeben", die - verglichen mit seinem noch 1981 bevorzugten Minimalismus - "halsbrecherisch mutwillig" gewirkt haben müsse. Die deutsche Romantik und der Expressionismus stünden Pate, wenn er "an seine einfachen Strukturen Emotionen, Moral und Entsetzen" gebunden habe. Faszinierend sei zwar auch die Kombination von europäischen Malereitraditionen mit "nostalgischer Technik", wenn er Farbe statt auf Leinwand auf Kupfer und Aluminium gebe, deren ungleich glattere Oberflächen gänzlich andere Tiefen zu erzeugen vermöchten. Die Einbußen allerdings, die in der Abkühlung jener Flächen zu verzeichnen seien, könnten den Gewinn nicht ausgleichen, bleibt Michael skeptisch, ohne doch sicher zu sein, dass er nicht, voreingenommen, die "kühlere modernere Bildlichkeit" gemäß "europäischer - und östlicher - Nostalgie" der "alten Handarbeit" gegenüber hintanstellt.

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