Montag, 13. Dezember 2010

lvz kultur vom 13.12.10: Abwahl Faber, Chemnitz, Skala & Kultur(räume)

Die Zusammenarbeit Michael Fabers mit OBM Jung sei "eng und vertrauensvoll" gewesen, gegen die Novellierung des Kulturraumgesetzes habe er bereits im März 2010 seine Position in Dresden deutlich gemacht und hoffe auch jetzt noch auf dessen Ablehnung, hätte man ihn auf seinem Kurztrip nach Paris, wo er während der Veröffentlichung des Rechtsgutachtens von Prof. Ossenbühl weilte, erreichen wollen, wäre dies ohne Problem möglich gewesen usw.
In seinem Interview mit Peter Korfmacher konstatiert Noch-Kulturdezernent Michael Faber, dass "man für seine Anschauungen bezahlen muss, auch wenn einen das möglicherweise das Amt kostet." Doch welche seiner Anschauungen ihn das Amt kosten könnte, wird nach seinen Aussagen nicht deutlich. Verfehlungen könne man ihm nicht vorweisen. Auch akzeptierte er jede OBM-Anweisung, die aus Gründen übergeordneter Stadtinteressen auch gegen die Position des Kulturbürgermeisters hätte getroffen werden müssen, anstandslos.
Widerhaken gegen den OBM sind allein in seiner Eigeneinschätzung, er sei "zu wenig homo politicus" und in der Frage der Feierlichkeiten zum 9. Oktober erkennbar, es sei allerdings ein Unterschied, ob er als seinerzeit aktiver Streiter für die "Wiedererlangung der Demokratie" und heute leidenschaftlicher Verfechter des Lichtfestes seine Meinung kundtäte oder jemand - wie der OBM? -, der "das historische Ereignis nur als Event feiert."
Faber ist erkennbar verletzt darüber, dass "interne Vorgänge und Kritik medial vorgetragen" worden seien, statt im Rathaus ausgetragen und dass er selbst zu seiner Abwahl nicht einmal angehört würde, zumal die Vorwürfe gegen ihn widerlegt werden könnten. Also geht er erhobenen Hauptes zur Schlachtbank, im Glauben, dass unterschiedliche Auffassungen über Leipzigs Kultur der Zukunft zu seiner Abwahl führen.

Die Stadt Chemnitz müsse in den kommenden fünf Jahren 50 Mio € einsparen, darunter wird auch die Kultur massiv leiden. Allein das Theater Chemnitz müsse in dieser Zeit 10 Mio € einsparen, betroffen seien auch das Kulturzentrum DAStietz (1,5 Mio € bis 2015), die Chemnitzer Kunstsammlungen (keine Sonderausstellungen mehr im Museum Gunzenhauser ab 2012) und Einsparungen in der freien Kulturförderung, die ohnehin schon seit Jahren sträflich vernachlässigt werde.
Theaterintendant Bernd Hellmich spitzte die Situation für sein Theater auf die Frage zu, bereits bis 2015 werde bei Umsetzung der geplanten Kürzungen eine Entscheidung fallen müssen, ob Oper und Orchester wegfallen oder alles andere zusammen (Schauspiel, Figurentheater und Ballett). Kristin Seelbach, Svenja Vennemann, Dominik Bath, Sören Harder und Ulrike Sauer, die den Bericht verfassten, merkten an, dass die Novellierung des Kulturraumgesetzes der Kultur der Stadt Chemnitz zusätzlich 400.000 € pro Jahr nehmen würde.

In seinen Antworten auf Mathias Wöbkings Fragen zur Novellierung des Kulturraumgesetzes steht heute der CDU-Politiker Sebastian Gemkow Rede und Antwort. Das heißt, wie auch die anderen CDU und teilweise FDP-Vertreter gibt er nichts weiter als gestanzte Antworten, auf die wegen der vorher feststehenden Fragen nicht mehr nachgehakt werden kann, ein großer Nachteil der Interviewreihe, wie man konstatieren muss. Dies erleichtert natürlich den Politikern, Behauptungen in die Welt zu setzen, die man nur schlichtweg als gelogen bezeichnen kann. Der eigentliche Schwachpunkt der Novelle ist: Muss Leipzig, wie die anderen Kulturräume auch, sparen, damit es Dresdens Einrichtungen besser gehen kann?
Wiederkehrendes Muster in den Antworten von Schwarz-Gelb war bisher die Zurückweisung der Behauptung mit der Feststellung, dass Leipzig bei einem Vergleich der Zuwendungen aus den Kulturräumen den bei weitem größten Anteil erhielte, nämlich ca. 30 Mio €, ca. ein Drittel aller Mittel. Dies ist allerdings nicht einmal die Hälfte der Wahrheit.
Aus den Kulturraumgeldern erhält die Stadt Dresden tatsächlich kaum etwas. Das braucht sie aber auch nicht. Denn: Allein für die laufenden Kosten von Staatsoper und Staatsschauspiel, die in Dresden Landesbetriebe sind und keine städtischen, zahlt das Land Sachsen in 2011 insgesamt 58 Mio €, das Doppelte des Anteils, den Dresden via Kulturraumgelder an Leipzig zahlen wird. Die Semperoper wird 2010 mit 40,53 Mio € unterstützt, für 2011 sind 44,57 Mio € geplant (+ 4,0 Mio €) und für 2012 45,700 Mio € (+1,1 Mio €) geplant. Das Staatsschauspiel erhielt vom Land für 2010 insgesamt 17,19 Mio €, für 2011 sollen es 17,05 Mio € und für 2012 17,45 Mio € sein, abzüglich der Überweisungen von 4,0 Mio €, die die Stadt Dresden jährlich (2010/2011/2012) ans Land zahlt, sind das immer noch mehr als 13 Mio €. Alle Zahlen sind nachzulesen im Haushaltsplan des SMWK (Haushaltsplan 12) für 2011/2012. Diese Tatsachen waren allen Abgeordneten des Landes bekannt, die in ihren Antworten bewusst falsche Tatsachen in den Raum stellten und so tun, als sei Leipzig der Schmarotzer.

Steffen Georgi hat in der Skala den Abend "Schlafes Bruder" mit Marina Frenk als "Elias, oder besser - ein Medium, durch das Textfragmente des Romans strömen" gesehen. Nun mag Georgi schon die Vorlage, den Roman von Robert Schneider nicht, eine Mischung aus "Passionsgeschichte voller Mysterien-Raunen, bäuerlichem Archaik-Kunstgewerbe und der Folklore vom sich an schnöder Welt aufreibendem sensiblem Genie." Anfänglich durchaus fesselnd, danach fade ("man mag das süß finden") Interaktionen als Klischees attitüdenhafter experimenteller Inszenierungen der 80er-Jahre ("Delirium"), bevor ein Film die Frenk bei einem Verhör zeigt, das zunehmend irrsinniger und komischer wird, bevor sie endlich "Schlafes Bruder" als 120-strophiges russisches Volkslied auf Rollschuhen zum besten gibt und dabei Salami verteilt. Georgi ertappt sich dabei, als Nörgler an dieser Stelle durch die selbstironische Volte der Performance (Dramaturgie: Anja Nioduschewski) den Stinkefinger gezeigt zu bekommen.

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